Hartwig Ebersbach
17.01. – 01.03.2014
Galerie Jochen Hempel, Berlin
17.01. – 01.03.2014
Galerie Jochen Hempel, Berlin
Die Galerie Jochen Hempel präsentiert eine Einzelausstellung des Leipziger Künstlers Hartwig Ebersbach (*1940), die einen Bogen durch Ebersbachs Schaffen der vergangenen 30 Jahre schlägt. Ebersbachs gestische, expressive Malerei wurde in den 1980er Jahren weit über die Grenzen der DDR hinaus bekannt. Ausgehend von einer altmeisterlichen Malweise entwickelte er eine eigenständige künstlerische Position, die sich immer stärker einem gestischen, körperlich geprägten Malprozess verpflichtet sah. Der wilde und zuweilen plastische Farbauftrag ging mit einer zunehmenden Auflösung des Bildmotivs einher. Der intensive und nie abgeschlossene malerische Prozess im Atelier fand seinen Niederschlag in der Entgrenzung und räumlichen Erweiterung des Tafelbildes in mehrteiligen räumlichen Installationen. Ebersbach erhob konsequent das individuelle Erleben zur Thematik seiner Bildwelt, oft ausgehend von eigenen Träumen, umgesetzt in teils antiken, teils christlichen oder auch volkstümlichen Symbolen. So wählte Ebersbach bereits in den 1970er Jahren das Motiv des Kaspers – der Figur des volkstümlichen Puppentheaters mit ihrer Narrenfreiheit – als Alter Ego, anhand dessen sich die individuelle Positionsbestimmung exemplarisch durchführen lässt. Dafür steht etwa die große Serie des Kasparzuges (1986), die mit 5 Arbeiten vertreten ist. In einem ironischen Verweis auf die typologische Geschichtsschreibung von Königshäusern, wie sie etwa in der dynastischen Ahnengalerie des Dresdner Fürstenzuges vorgeführt wird, werden hier verschiedene Aspekte der Kasperfigur vorgestellt: Kaspar der Gefrässige, Kaspar der Blaue, Kaspar der Ergebnislose usw. Das auf dem Boden liegende Rundbild (1985) bezieht sich auf einen von Ebersbach als Schlüsselmoment beschriebenen Traum – er selbst als brennender Mann. Mit diesem Motiv hatte sich Ebersbach bereits in den 1960er Jahren von der altmeisterlichen Strenge gelöst und in einer wilden Vision des eigenen brennenden Körpers seinen gestischen Malstil erstmalig zum Ausdruck gebracht, auf der Suche nach einer lebendigen Malerei. Hier ist dieses Motiv – Leonardo da Vincis Vitruv-Mann ähnlich – kreuzförmig in ein Rundbild eingeschrieben. Die 13-teilige Bildinstallation Symposium Abendmahl (1995) vereint das antike Gastmahl mit dem in der christlichen Überlieferung fest verankerten Motiv des letzten Abendmahls, im Verlaufe dessen Christus die Jünger auf seine Abwesenheit vorbereitet. In einer Verschränkung der Christusikonografie mit der Kaspererzählung führen die dargestellten Köpfe einen Dialog, der letztlich auf eine Selbstbefragung des Künstlers hinausläuft. Die dreiteilige Installation Schrein (1992) markiert einen Übergang in Ebersbachs Werk und bildet auch in der Ausstellung eine räumliche Schwelle zwischen den älteren Arbeiten bis in die 1990er Jahre und den jüngsten Arbeiten. Die drei Teile der Installation bilden ein Tor, wie es bei japanischen Schreinen zu finden ist. Sie zeigen die Kasperfigur auf der einen und ein Drachenmotiv auf der anderen Seite – ein Übergang aus dem stark regulierten und begrenzten Raum der DDR in die offene Welt, der neben Reisen auf alle Kontinente auch eine Neuorientierung im eigenen Schaffen mit sich bringt. Der kleinere Raum der Ausstellung wird eingenommen von Arbeiten aus dem Jahr 2013, die sich mit unserem Verhältnis zum Tode auseinandersetzen. Die Stirnwand zeigt die Mexikanische Madonna (2013), in deren Figur sich die lebenspendende Madonna mit der anderen Mutter verbindet, die Leben zurücknimmt. Sie wird eingerahmt durch die Gruppe der Randhopper (2013), eine Serie kleinformatiger Ansichten von Gliederpuppen, die im Rahmen von Beerdigungsfeierlichkeiten in Südamerika eine Rolle spielen. Wie zuvor die Figur des Kaspers seriell untersucht und befragt wurde, bilden hier die vielfältigen Ansichten der makabren Puppen eine Variation über mögliche Formen des Umgangs mit dem Tode.