Schirin Kretschmann
01.05. – 12.06.2015
Galerie Jochen Hempel, Berlin
01.05. – 12.06.2015
Galerie Jochen Hempel, Berlin
Die malerisch-installativen Raumarbeiten von Schirin Kretschmann erzeugen elementare körperliche Erfahrungen. Eine oft improvisiert wirkende, flüchtige Materialität entfaltet hierbei ein vielschichtiges Spiel synästhetischer Wahrnehmungen, die in der heutigen, digitalisierten Alltagswelt zumeist von virtuellen Ersatzhandlungen verdrängt werden.
Für ihre erste Einzelausstellung in der Galerie Jochen Hempel hat die Künstlerin mehrere Formate aus Lederfett auf die Galeriewände aufgetragen, welches hellblau bis schwarz schimmert und mit seinem charakteristischen Geruch die Räume ausfüllt. Die Formate sind dabei einer laufenden Wandlung unterworfen; das Fett zieht mit der Zeit in die Wandoberfläche ein und bildet hierbei über die ursprünglichen Grenzen des Materialauftrags hinaus deutlich erkennbare Höfe aus. Zugleich werden hierdurch die Struktur der Wände und Spuren früherer Ausstellungen sichtbar.
Mit diesen Arbeiten aus Lederfett verschränkt sich eine umfangreiche Konstellation aus gerahmten Fotogrammen zu einer installativen Raumkomposition, die Kretschmann in sekundenschnellen Bewegungen einer Lichtquelle über dem Fotopapier eingefangen hat – Verdichtungen und Auflösungen von Schatten und Licht.
Die scheinbare Vereinigung von Gegensätzen, von flüssig und fest, flüchtig und stabil verkörpern schließlich die mobilen Plastiken als drittes Element der Raumintervention, die knapp über dem Galerieboden zu schweben scheinen. Auch hier verweist der Herstellungsprozess auf eine markante Wandlung des Ausgangsstoffes. In flüssig ausgegossene ‚Materialpfützen‘ wurden im Verlauf des Härtungsprozesses Rollwagen eingelassen, die als ‚Fahrgestelle‘ die gehärteten Flächen in Beziehung zum Umgebungsraum setzen.
Jede dieser drei Werkgruppen verweist in Korrespondenz mit den anderen auf die Auseinandersetzung mit Zeit und Raum – und dabei zugleich auf höchst unterschiedliche Handlungen, die der Anwendung des jeweiligen Materials vorausgingen und ihre je spezifische Wirkung auf die sinnliche Wahrnehmung erzeugen.
Schirin Kretschmann (*1980 in Karlsruhe) studierte bis 2006 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe und der ENPEG La Esmeralda Mexico City. Ihre Arbeiten wurden u.a. im Kunstmuseum Stuttgart, im Bündner Kunstmuseum Chur/CH, im Kunsthaus Baselland/CH, in der Städtische Galerie Nordhorn, am Wilhelm-Hack Museum Ludwigshafen sowie im öffentlichen Raum gezeigt. Zu ihren Auszeichnungen gehören Stipendien der Kunststiftung Baden-Württemberg, der Stiftung Kunstfonds und Arbeitsaufenthalte an der Cité Internationale des Arts Paris (F), am Platform Garanti Art Center in Istanbul (TR) und den Braunschweig Projects. Sie lebt und arbeitet in Berlin.
Schirin Kretschmann’s installations allude to painting and create elementary physical experiences. A fleeting materiality that often seems improvised unfolds in a play of multilayered synaesthetic perceptions, which, in today’s digitalised world, are largely suppressed by virtual acts of compensation.
For her first solo exhibition at Jochen Hempel Gallery, the artist has applied several formats of dubbin onto the walls of the gallery with a lustre ranging from light blue to black – the characteristic smell of the grease filling the rooms. The formats are subject to ongoing transformation, as the dubbin gradually penetrates the surface of the wall, resulting in clearly recognisable halos that extend beyond the original outlines of the material. At the same time, the structures of the walls and traces of earlier exhibitions become visible.
Kretschmann’s dubbin works also combine a large group of framed photograms into a composed spatial installation which the artist has captured with the help of split-second movements of a light source across photographic paper: the concentration and dissolution of light and shadow.
Finally, the supposed union of contradictions – the fluid and the solid, the fleeting and the stable – embodies the mobile sculptures that represent a third element of the installation and seem to float just over the gallery floor. Here, too, the production process indicates a distinctive transformation of the original material: in the course of the hardening process, carts were set into the liquid ‘material puddles’, the ‘carriages’ thus placing the hardened areas into relationship with the surrounding space.
Each one of these three interconnected groups of works is an examination of time and space, revealing the very different way each particular material was used as well as its specific effect on sensorial perception.
Schirin Kretschmann (born in 1980 in Karlsruhe) studied at Staatliche Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe until 2006 and ENPEG La Esmeralda Mexico City. Her works have been widely exhibited, including at Kunstmuseum Stuttgart, Bündner Kunstmuseum Chur, Switzerland, Kunsthaus Baselland, Switzerland, Städtische Galerie Nordhorn, Wilhelm Mack Museum Ludwigshafen as well as in public spaces. She has received numerous awards such as grants from Kunststiftung Baden-Württemberg, Stiftung Kunstfonds and residencies at Cité Internationale des Arts Paris, France, Platform Garanti Art Center in Instanbul, Turkey, and the Braunschweig Projects. She lives and works in Berlin.