Carlos Sagrera
„A Corridor made of silk“
Feb, 2021
Galerie Jochen Hempel, Leipzig
2014 zog Carlos Sagrera (*1987 Madrid) zunächst für ein Stipendium nach Leipzig. Nach dem Ende des Stipendiums bleibt er in Leipzig -seine Bewunderung für die Maler der Generation der Neuen Leipziger Schule ist groß und er fühlt sich wohl im Umfeld der Leipziger Baumwollspinnerei. Manchmal jedoch denkt er mit etwas Wehmut an seine spanische Heimat, allgegenwärtig ist die Erinnerung an seine Vergangenheit und die seiner Familie seit er sie zum Thema seiner Malerei gemacht hat.
2011 findet Carlos Sagrera in der Madrider Wohnung seiner Großeltern Fotografien aus den 1970er Jahren. Es sind Fotos der Wohnung der Großeltern, die später einer der wichtigsten Bezugsorte für Sagrera selber werden wird.
Zwei Jahre nach diesem Fund fotografiert er die Zimmer erneut und versucht sich dabei an der Kameraposition der alten Fotografien zu orientieren. Mit dem Tod seiner Großmutter und dem Verkauf der Wohnung folgt eine dritte und letzte Fotoserie. Leere und Verlassenheit dominieren.
Diese Fotografien werden zur Grundlage seiner Malereien. Auch als er 2014 nach Leipzig kommt, untersucht er die Fotografien weiter. Wendet sich dem Interieur zu, arrangiert Gegenstände in den Räumen neu, fügt andere hinzu die es dort nie gab. Seine Arbeiten sind wie die menschliche Erinnerung. Innere und erinnerte Räume verschmelzen. Von vielen Interieursituationen gibt es mehrere Versionen, so wie es auch 3 Serien Fotografien gibt. Liegt der Fokus in der einen Arbeit auf einem ausgestatteten Raum, so ist es in einer anderen der entschwundene Alltag an einem verlassenen Ort und an der Farboberfläche beginnt sich der Raum aufzulösen.
In den Arbeiten für die Ausstellung „A Corridor made of silk“ wendet sich Sagrera weiter den Fragen nach der menschlichen und individuellen Existenz in der häuslichen Ordnung zu. Die Pandemie des Jahres 2020 hat uns alle eine beschleunigte Veränderung erfahren lassen. #wirbleibenzuhause Viel mehr als sonst wird man dadurch auf diese paar Quadratmeter zurückgeworfen, die man bewohnt, für die man Miete zahlt, die normalerweise ein Ort sind, an den man immer wieder zurückkommt, aber keiner, an dem man sich permanent aufhält. Architektonische Elemente und räumliche Proportionen, Möbel, Materialien, dekorative Muster, Gegenstände, Souvenirs bestimmen unser Zuhause, verschönern es, laden es mit Bedeutung auf und machen es zu einem Ort an dem wir uns in Sicherheit wiegen und uns wohl fühlen. Die aktuelle Entschleunigung öffnet unseren Blick für die Details, lässt uns Gegenstände mit denen wir zum Teil schon lange leben hinterfragen und ihre historische oder familiäre Bedeutung erforschen.
„Es ist das wenig Spektakuläre, das nicht einmal Idyllische, eher Gewöhnliche, aber auch Fragile des Daseins. Und wenn es vorbeizieht, hinterlässt es einerseits Spuren und andererseits Lücken. Es ist die Erkenntnis der Erfahrung von Verlust und der destruktiven Kraft der Zeit. Man mag dabei an Marcel Prousts »recherche du temps perdu« denken, an die verlorene Zeit, die unwiederbringlich verschwunden scheint. Sagrera hält den Fluss der Zeit jedoch nicht auf, er macht ihn mittels Malerei sichtbar.“1
1 Anka Ziefer, 2018
In 2014 Carlos Sagrera (*1987 Madrid) initially moved to Leipzig for a scholarship. After the end of the scholarship he remains in Leipzig -his admiration for the painters of the generation of the New Leipzig School is great and he feels comfortable in the environment of the Leipzig Cotton Mill. Sometimes, however, he thinks with some melancholy of his Spanish homeland, omnipresent is the memory of his past and that of his family since he made it the subject of his painting.
In 2011 Carlos Sagrera finds photographs from the 1970s in his grandparents‘ Madrid apartment. They are photographs of the grandparents‘ apartment, which would later become one of the most important places of reference for Sagrera himself.
Two years after this find, he photographs the rooms again, trying to orient himself to the camera position of the old photographs. With the death of his grandmother and the sale of the apartment, a third and final series of photographs follows. Emptiness and abandonment dominate.
These photographs become the basis of his paintings. Even when he comes to Leipzig in 2014, he continues to examine the photographs. Turns to the interior, rearranges objects in the rooms, adds others that were never there. His works are like human memory. Interior and remembered spaces merge. There are several versions of many interior situations, just as there are 3 series of photographs. If in one work the focus is on an equipped room, in another it is the vanished everyday life in an abandoned place and on the surface of the color the space begins to dissolve.
In the works for the exhibition „A Corridor made of silk“ Sagrera further turns to questions of human and individual existence in the domestic order. The pandemic of 2020 has us all experiencing accelerated change. #wirbleibenzuhause Much more than usual, this throws you back to those few square meters you inhabit, for which you pay rent, which are usually a place you come back to again and again, but not one you stay in permanently. Architectural elements and spatial proportions, furniture, materials, decorative patterns, objects, souvenirs define our home, embellish it, charge it with meaning and make it a place where we feel safe and comfortable. The current deceleration opens our eyes to the details, makes us question objects with which we live, sometimes for a long time, and explore their historical or family significance.
„It is the less than spectacular, not even quaint, rather ordinary, yet fragile elements inherent in human existence, which, as they pass by, leave not only traces but gaps as well. It is the awareness of loss and the destructive force of time. This might bring to mind Marcel Proust’s À la recherché du temps perdu and the time that seems irrevocably lost. Though Sagrera does not halt the passing of time, he makes it visible through the medium of painting.“1
1 Anka Ziefer, 2018
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