ABOUT
Sander, wählt das Medium der Performance als immer wiederkehrende Konstante. Ihr eigener Körper ist dabei impulsgebender Initiator, eine Art Seismograf. In ihren Arbeiten sucht Finja Sander nach Brüchen und Ambivalenzen im Alltäglichen, nach unbewussten Automatismen, sich wiederholenden, gesellschaftlichen Mustern, die sie in der Folge, isoliert und innerhalb mehrteiliger, multimedialer Prozesse in neue Zusammenhänge bringt.
WORKS
Für Morgen_standort_1-12 (2023)
Für Morgen_standort_1-12 (2023)
eine performative Reihung
in Kooperation mit den Ernst Barlach Museen Güstrow, mit freundlicher Unterstützung durch die Leinemannstiftung für Bildung und Kunst
»(…) es galt mir, eine schwer ruhende Unbeweglichkeit als Ausdruck nie versiegenden Grams, hängend, weil der irdischen Bedingtheit entrückt, zu bannen.«
Ernst Barlach, 06. Februar 1929 über »Der Schwebende«
Für ihre performative Reihung »Für Morgen« entwickelt Finja Sander ausgehend von der Plastik »Der Schwebende« von Ernst Barlach eine neue Form kollektiven Erinnerns. Ihr Körper ist dabei der Schauplatz der Umwandlung von dem statischen Objekt in einen performativen Akt. Vergleichbar eines Re-enactments übersetzt sie Barlachs »Schwebenden« in ihre eigene Körperlichkeit und befragt dabei sowohl Erinnerungskultur als auch Denkmalgeschichte. In der Auswahl von Ernst Barlachs »Der Schwebende« erscheint dieses Vorhaben prädestiniert. Entgegen üblicher Ehrenmale, die stehend, meist sogar auf Sockeln angeordnet sind, schwebt Barlachs Bronze im Güstrower Dom und verweist so selbst auf ein andauerndes, inneres Beben. Für die Dauer von jeweils einer Stunde hängt Finja Sander in einem raumgreifenden Metallgestell über dem Boden. Gehalten wird sie durch drei orangefarbene Gurte, die wiederum auf die originale Konstruktion des »Schwebenden« verweisen.
Finja Sander stellt ihren eigenen Körper stets in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. An ihm entwickeln sich ihre performativen Thesen. In »Für Morgen« inszeniert sie ihren regungslosen Körper gleichsam selbst als Skulptur. Doch trotz seiner Stille und Unbewegtheit, feiert die Performance das Faszinosum des atmenden, lebenden Körpers, als Gegenbild der plastischen Bronze. In dieser Übertragung ist »Für Morgen« eine eindrückliche Erweiterung des Ehrenmals von Barlach, das an die Toten des Ersten- und Zweiten Weltkriegs erinnert.
»Der Schwebende« selbst wurde im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen, Barlach als »entartet« verfemt. Durch das erhaltene Werkmodell konnte allerdings ein Nachguss veranlasst und versteckt werden, der heute in der Antoniterkirche in Köln hängt. Ein Drittguss kehrte letztlich an den ursprünglichen Platz des Ehrenmals, in den Güstrower Dom zurück.
Finja Sander stellt an ihrem eigenen Körper die Frage, wie wir erinnern wollen, und wo. Ihre Arbeit ist auch im Kontext einer Erinnerungskultur zu sehen, die zunehmend auf ihre Gültigkeit und Angemessenheit befragt wird.
Die performative Reihung »Für Morgen« wird an zwölf verschiedenen Orten, jeweils einmal im Monat aufgeführt. Die ausgewählten Locations orientieren sich u.a. an biografischen Stationen Barlachs, wie die Ernst Barlach Stiftung in Güstrow, beleuchten aber auch Teile der Werkgeschichte »des Schwebenden« selbst, wie das Olympiastadion Berlin, als Schauplatz nationalsozialistischer Aufmärsche. Weitere Stationen sind u.a.die Johanniskirche in Schwäbisch Gmünd – in Kooperation mit dem Festival für Europäische Kirchenmusik, sowie die SkulpturenTriennale in Bingen.
Durch die permanente Re-inszenierung der Performance an unterschiedlichen Orten, wird der Denkmalbegriff des »in Stein gemeißelten« pathetischen Erinnerns hinterfragt und weiterentwickelt. Folglich entsteht ein Erinnerungsnetz, das den »Schwebenden« buchstäblich aus der Statik einer Denkmalhistorie herausnimmt und in eine global lesbare Erinnerung überführt.
Finja Sander erfindet so einen neuen fluiden Denkmalbegriff
»Für Morgen«.
Text: Yoreme Waltz
selected Performances
recent works
CV
*1996 in Hildesheim (Niedersachsen), lebt und arbeitet in Berlin
2022, Meisterschülertitel mit Auszeichnung, Prof. Valérie Favre
2015-2022 Studium der Bildenden Kunst, Universität der Künste, Berlin
Grants, Awards, Residencies
Residency Kunstverein Schwäbisch Gmünd
Förderpreis Junge Kunst 2022, Rathaus-Galerie Reinickendorf, Berlin
Performances (selection)
Performance 37, galerie burster, Karlsruhe
Für Morgen_standort_04, Olympiastadion Berlin
Für Morgen_standort_03, Barlach Museen Güstrow
Für Morgen_standort_02, Dokumentationszentrum Prora, Rügen
Performance 36, colorado projects, Galerie Jochen Hempel, Leipzig
Performance 34, colorado projects, Galerie Jochen Hempel, Leipzig
Adieu (Performance 33), Meisterschülerausstellung UdK Berlin
Performance 31, Auktionshaus Grisebach, Berlin
Performance 29, Spoiler Aktionsraum, Berlin Moabit
Performance 27, Hamburger Bahnhof, Berlin
Performance 26, Museum für Fotografie, Berlin
Performance 21, Gmünder Kunstverein, Schwäbisch Gmünd
Solo Shows
2023
galerie burster during Gallery Week, Berlin (upcoming)
archiv SANDER I SCHAAL x Galerie Georg Nothelfer during Gallery Week, Berlin (upcoming)
Tat es weh, als du vom Himmel gefallen bist?, Soloshow, Gmünder Kunstverein, Schwäbisch Gmünd (upcoming)
ODEM III, St.Thomas-Kirche, Berlin mit Daniel M.E. Schaal
Fernab jeglicher Schwere, Soloshow, galerie burster, Karlsruhe
2022
Four Levels of Care, intervention in fron of Kino International, with Daniel M.E. Schaal
SPEICHER:n, neue Kunst im Saatgut Silo, Potsdam in cooperation with Kunstraum Potsdam
EINFRIEDUNG, galerie burster Berlin
2021
SCHEMA F, with Daniel M.E. Schaal, curated by Maximiliane Kolle for @berlinartdiary
ODEM II, Genezarethkirche am Herrfurthplatz, Berlin, mit Daniel M.E. Schaal
BOGUS, Genezarethkirche, Beriln, mit Daniel M.E. Schaal, 48H Neukölln
Group Shows
2023
10/2023 Primus inter Pares, groupshow, Brønshøj Water Tower Copenhagen, Denmark (upcoming)
08/2023 Performance during the festival Papier und Klang, Willy-Brandt-Haus, Berlin (upcoming)
Out Of Office, Groupshow, Galerie Burster, Berlin
2022
All I Want, Groupshow, galerie burster, Berlin
Groupshow, Galerie C Neuchatel, Schweiz I KONSOLIDIERUNG with Daniel M.E. Schaal
Excuse me, I am looking for the rabit hole, curated by Fanny Dommers and Nikolas Geier, Culterim Gallery, Berlin
I got you covered, curated by Pola van den Hövel and Julia Meyer-Brehm, Culterim Gallery, Berlin
Förderpreis Junge Kunst 2022, Rathausgalerie Reinickendorf, Berlin
Nicht das Fell berühren, curated by Pierre Granoux,
LAGE EGAL [in the Rackroom], Berlin, with Daniel M.E. Schaal
Free Space (for UKR), benefit exhibition, curated by Pierre Granoux, LAGE EGAL, Berlin
12/2021 SCHEMA F, with Daniel M.E. Schaal, curated by Maximiliane Kolle for @berlinartdiary
2021
PROLOG: never gonna give you up, curated by Jakob Urban, ROAM, Berlin
EINSTAND, kuratiert von Jakob Urban, Steinplatz, Berlin, mit Daniel M.E. Schaal
Direkte Auktion, Slot 4, kuratiert von Miriam Schwarz, Galerie Burster, Berlin
Club Quarantina II, kuratiert von Gilles Neiens, Galerie Wild Palms, Düsseldorf
This one time at HEW, kuratiert von Elana Katz
in Kooperation mit KWADRAT GALERIE, mit Daniel M.E. Schaal
Nothing ever happened [yet], kuratiert von Maren Lübbke-Tidow, Museum für Fotografie, Berlin
The Performing Object, kuratiert von Justin Polera, Kunstraum Potsdamer Straße, Berlin
Club Quarantina I, kuratiert von Gilles Neiens, Grimm Museum, Berlin