CV
*1988 Zwenkau/Leipzig, DE
EDUCATION
2005-2006 Academy of HGB, Jochen Plogsties
2010-2011 Academy of LSOD, Christian Weihrauch
2011 – 2016 Burg Giebichenstein University of Art Halle (Saale), Prof. Triebsch
2013-2014 Geidai Tokyo National University of Fine Arts, O JUN
2015 JASSO scholarship, Geidai Tokyo National University of Fine Arts, O JUN
2016 Diploma, Jochen Plogsties, Peter Möller
SOLO SHOWS
2024
Koenig_2, Wien, AT
2020
Ken Nakahashi Tokyo, JP
Museum der bildenden Künste Leipzig, DE
Archivmassiv/Bildarchive Leipzig, DE
2019
Ken Nakahashi Tokyo, JP
2018
Galerie Kleindienst Leipzig, DE
2017
Ken Nakahashi Tokyo, JP
2016
Spinnerei Archiv Massiv Leipzig
2015
Ken Nakahashi Tokyo, JP
2014
B2 Halle (Saale), DE
Ken Nakahashi Tokyo, JP
JIKKA_gallery Tokyo
2012
OBA Gallery Halle, DE
GROUP SHOWS
2020
Galerie Crone Wien, AT
2019
Galerie Crone Berlin, DE
ArchivMassiv Leipzig, DE
Ken Nakahashi Tokyo, JP
2018
Halle14 Benefit Auction, Leipzig, DE
2017
Ken Nakahashi Tokyo, JP
Diplome der Kunst Halle, DE
Galerie Kleindienst, Leipzig, DE
Galerie Kleindienst, Berlin, DE
2016
Ken Nakahashi Tokyo, JP
2015
Spektral Leipzig, DE
Spinnerei Leipzig, DE
Patent Pending Ostapotheke Leipzig, DE
Ken Nakahashi Tokyo, JP
Werkschau Spinnerei Leipzig, DE
Neuwerk Halle (Saale), DE
Westpol Airspace Leipzig, DE
2014
Potemka Gallery Leipzig, DE
Spinnerei Leipzig, DE
Westwerk Leipzig, DE
2013
Am Hawerkamp Münster, DE
Trans Arts Tokyo, DE
2012
Salus Magdeburg, DE
Gallery Mücheln, DE
2011
1. Connewitzer Art Festival, Leipzig, DE
Feinkost Leipzig, DE
TEXT
In der Ausstellung MEDIEN-VER-GLEICH zeigt der Künstler Erik Swars (*1988) neue Arbeiten in diversen
Techniken.
Swars’ Videoarbeit NTY (2Turner) zeigt einen Sonnenuntergang, der eine urbane Umgebung, die von zwei
Hochhäusern gerahmt ist, in Spektren von Rot- und Orangetönen erleuchtet.
Schleichend tritt Ernüchterung ein, wenn die Sonne verschwindet und alles einem kühlen Grau, dem Vorboten der
Nacht, überlässt. Erst jetzt, in dem Moment, in dem das unwiederbringliche Ereignis vorbei ist, wird die Schönheit
bewusst, die sich aus der Vergänglichkeit des Moments ergeben hat. Diese schmerzhafte Erkenntnis paart sich
mit dem retrospektiven Erinnern des Naturschauspiels und dessen imaginärer Reproduktion in unseren
Gedanken und Erinnerungen. Beiläufige Geräusche wie das Entzünden eines Feuerzeugs oder technoide Musik
im Hintergrund eröffnen Assoziationen zum Kontext der Umgebung und lassen individuelle Narrative entstehen.
Gleichzeitig löst der rot leuchtende Himmel ein ambivalentes Spiel der Empfindungen aus: Swars bezieht sich
hier bereits durch den Titel auf den britischen, romantischen Maler William Turner (1775–1851). Dessen
gleißende und strahlende Landschaftsbilder sind zu einer Zeit entstanden, nachdem der Staub des
ausgebrochenen Vulkans Tambora 1815 zu einer Intensivierung der Morgen- bzw. Abendröte führte. Die
gewaltsame Entladung einer natürlichen Kraft führt zu einer Steigerung der Ästhetik und, ganz im Sinne der
Romantik, zu einer Unterordnung des menschlichen Individuums gegenüber der Natur. Es erinnert aber auch an
gegenwärtige Bilder: So tragen auch Aufnahmen von Waldbränden, deren Ausmaße durch den Klimawandel
angetrieben werden, ambivalente Auffassungen in sich. Rein ästhetisch erinnern sie oft an Sonnenuntergänge
und sind von formaler Stärke, tatsächlich sind sie jedoch zerstörerisch und kosten vielen Lebewesen ihre
Existenz.
In ohne Titel (last forever 1–3) hält Swars Schatten von Pflanzen auf der Bildoberfläche in verschiedener
Intensität fest Mal nur als diffuses Rauschen angedeutet, mal als eindeutige Silhouette einzelner Halme, die sich
von einem Punkt ausgehend ausbreiten und mitunter von der Last des eigenen Gewichts abknicken. So wirken
die Bilder in Serie wie sich entwickelnde Fotografien, deren endgültige Bildfindung nicht abgeschlossen ist. Das
Kolorit und die reduzierte Bildsprache eröffnen Assoziationen zu archaischen Bildern, die in Höhlenmalereien das
Prinzip des Umrisses nutzten, um z. B. die eigene Existenz in Form der Hände darzustellen. Auf der anderen
Seite erhalten die Bilder durch das Rauschen und das giftig anmutende Gelb auch eine abstoßende, bedrohliche
Wirkung. So erinnern die Bilder an Aufnahmen nach Strahlenkatastrophen, bei denen die hohe Strahlung ein
Rauschen in den Bildern entstehen lässt. In diesem Kontext wirken die Bilder wie der Versuch, Natur zu
konservieren und vor bevorstehenden globalen Krisen zu schützen.
Swars bricht immer wieder die Grenzen zwischen Fotografie, Malerei und Objekt auf. So zeigt er ein Porträt der
amerikanischen Popsängerin Taylor Swift (*1989). In monochromen Farben schaut sie aus dem Bild heraus. Es
scheint, als ob eine hinter dem Bild verborgene Kraft das Bild an die Oberfläche pressen würde. Die Konturen
und die Topografie des Gesichts scheinen glatt gedrückt zu werden und flachen immer mehr zu ebenen,
abstrakten Flächen ab. Es bleibt ein gleichzeitig sinnliches wie verstörendes Abbild, das einer der Galionsfiguren
der gegenwärtigen Popkultur ein Stück Anonymität und Autonomie verleiht. Gleichzeitig erinnert die homogene
Oberfläche und die gleichmäßigen Proportionen des Gesichts an digitale Avatare, die zum einen als
Parallelidentitäten in der digitalen Welt genutzt werden können und zum anderen uns, seit den jüngsten
Fortschritten künstlicher Intelligenz, als Personifizierung von Algorithmen dienen.
In Ohne Titel (Ponte San Moisé) zeigt Swars eine Szene in Venedig: Menschen nutzen eine Brücke in beiden
Richtungen. Eine scheinbar anonyme Masse bewegt sich wie Punkte auf einem Koordinatensystem, dessen
momentane Position klar ist und sich im nächsten Augenblick verliert. Kenner des Kunstbetriebs entdecken in der
telefonierenden Figur auf der letzten Stufe der Treppe den einflussreichen Kurator Hans Ulrich Obrist (*1968).
Swars spielt mit Codes, die den Wissenden eine Deutungsmöglichkeit vorgeben: die Bedeutung einzelner
Akteure im internationalen Kunstbetrieb, die durch ihre Entscheidungen den Kanon der zeitgenössischen Kunst
bestimmen. Ohne den Kontext funktioniert das Bild als Porträt einer Stadt, die von einer reichen Geschichte
geprägt ist und heute mit ökologischen Krisen und Massentourismus zu kämpfen hat.
Swars’ Werke fordern den Betrachter dazu auf, Wahrnehmungs- und Sehstrategien für die omnipräsenten Bilder
unserer Gegenwart neu zu kalibrieren. Dabei stellt er auch immer Bezüge zwischen Malerei und Fotografie her,
deren Grenzen er immer wieder neu auslotet und multiperspektivisch betrachtet, sodass wechselhafte
Rezeptionsverläufe entstehen können.
Miriam Schmidt
Zur Arbeit Closed Circle:
Die 24 Kanal Multimedia-Installation CC-TV von Erik Swars besteht aus 24 skulpturalen
Körpern, die simultan jeweils immer ein Bild produzieren. Dabei handelt es sich um
Metallstelen, die in immer identischem Abstand anhand eines Breitengerades angeordnet
sind. Jede Stele ist mit einer ortsgebundenen Kamera verschaltet, die kontinuierlich ihren
Umraum abbildet. Sie zeigt immer zwei Bildkomponenten: Himmel und Landschaft.
Abgebildet wird dieses Gebilde in ununterbrochener Kontinuität, es kann durch die
Betrachtenden zu jeder Sekunde abgerufen werden, die sich kontinuierlich verändernde
Natur und die sich im unendlichen Zyklus befindlichen Zustände der Atmosphäre sind zu
jeder Zeit in immer den gleichen Bildausschnitten zu sehen. Durch die räumliche
Anordnung der Kamera-Skulptur-Verschaltungen wird eine Dezentralisierung der
menschlichen Perspektive erzeugt, wobei die Kamera zur Prothese optischer
Wahrnehmung wird und sich einer im buchstäblichen Sinne universellen Naturbetrachtung
annähert. Jede Veränderung des Umraums der Kamera wird zu jeder Zeit gezeigt und
existiert unabhängig von Betrachtenden, wenngleich sie zu jeder Zeit aktiviert werden
kann. So ergibt sich ein Zeit-/ Bildfenster einer zeitlich gleichgeschalteten
Naturbetrachtung.
Der Himmel kann sowohl kompositioneller Bestandteil einer Landschaft als auch
autonomes Konstrukt sein, das als Naturphänomen wie auch als kulturell vermitteltes
Bedeutungssystem existiert. Für sich ist er ewige Konstante irdischer Verortung und immer
verbleibendes Raumelement allen irdischen Seins. Er ist konstant präsent und befindet
sich gleichzeitig im Zustand konstanter Veränderung. Den Himmel abzubilden kann
bedeuten, singuläre Erscheinung, fortschreitenden Prozess, wie auch den vergangenen,
gegenwärtigen und zukünftigen Moment ineinander zu vereinen und gleichwertig
ineinander übergehen zu lassen. Jedes Bild des Himmels, das in CC-TV produziert wird,
vergeht im Moment seiner Entstehung und ruft uns erneut ins Gedächtnis, dass alles
Irdische vergänglich ist. Auf gleiche Weise operiert in CC-TV Landschaft in vom Himmel
isolierter Betrachtung als eigenständiges System. Keine Landschaft existiert für sich
selbst. Sie ist ein erst im menschlichen Auge entstehendes Gebilde, das erst mit dem
Resonanzkörper des Blicks hergestellt wird. So kann sie als bildliche Darstellung auch
immer als Projektionsfläche agieren. In den Theorien des Kunsthistorikers William James
Thomas Mitchell ist sie bereits unabhängig ihrer Darstellung eigenständiges Medium:
„Landscape is not a genre of art but a medium.“ Swars bedient sich diesem bereits für 1
sich selbst stehenden Medium und bildet 24 unterschiedliche Landschaften ab, die durch
die Linse der Kamera konstruiert werden. In 24-facher Darstellung ordnet Swars die
Kamerabilder im Raster an und erzeugt somit eine schematisierte Darstellungsform der
einzelnen Naturräume. Jedes einzelne der 24 Bilder ist eine für sich stehende
kontemplative und vermeintlich unvoreingenommene Naturbetrachtung, und alle 24 Bilder
zusammen ergeben gleichzeitig eine Annäherung an die Betrachtung des großen
Ganzen. In unendlicher Schleife gehen in CC-TV transzendentale Naturbetrachtungen in
Mitchell, W.J.T: Imperial Landscape. In: In: Ders. (Hrsg.): Landscape and Power. 2. Auflage, 1
Chicago 2009, S. 5 -34. Hier S. 5.Rationalisierungen von Natur und ihren Phänomenen über, reproduzieren und
dekonstruieren menschliche Ordnungssysteme der Welt wie Topografie und Technologie
und wecken doch ein Gefühl der Ehrfurcht.