Hartwig Ebersbach
Dogenhaus Galerie, Leipzig
„Vorhang“
30.04. – 25.06.2011
Dogenhaus Galerie, Leipzig
„Vorhang“
30.04. – 25.06.2011
Ein Atelierbesuch: Ebersbach hatte die Leinwand auf dem Fußboden liegen. Das Spiel konnte beginnen. Er stellte ferne Radiosender ein, fremde Sprachen, fremde Klänge, alles das Mechanismen, um sich aus der Realität herauszuwinden, um andere Räume zu betreten. Wenn er ein Bild aus dem Alltag heraus malt – aus dem Atelier, einem kleinen Häuschen in Leipzig – dann muss er sich in einen Zustand versetzen, der ihm erlaubt zu begreifen, was er braucht, etwas zu machen, um sich zu entladen, um zu malen, nahe dem zu kommen, was er sucht. Bei dem Ritual helfen ihm zur Vorbereitung Zeichnungen und aus Knetmasse angefertigte Figuren. Im Atelier sollte das Bild entstehen, welches von dem Mythos der Göttin Mazu berichtet. Der als Lin Moniang Geborenen wurde nachgesagt, dass sie ihren Vater und ihre Brüder aus schwerer Seenot rettete -allein vermittelt aus freigewordener Energie, die sie in einem traumartigen Zustand konzentriert hatte. (Lin selbst starb in jungen Jahren: Überliefert ist, dass sie entweder ertrank oder beim Bergsteigen in den Himmel entrückt war.) Ob nun der Traum oder die Transzendierung des kleinen Fischermädchens zur Göttin, Ebersbach suchte sich für das ungefähre Nacherleben des Mythos, in einen bestimmten Zustand zu versetzen. Er hatte die Geschichte der Mazu notiert, zweidimensional mit wenigen Linien erfasst und überführte dies in Malerei. Die Skizze in seinen Händen geformt, dimensioniert, zeichnet er mit ebenfalls wenigen Linien das Bild auf der Leinwand und begann auf roten Farblachen von weiß über gelb, orange, blau, schwarz, jeweils nacheinander mit der Spachtel auf die Fläche werfend, häufchenweise, sich eine Dramaturgie anzulegen. Diese sparsame Vorgehensweise galt der anstehenden, der eigentlichen Bewegung, die er ausformulieren wollte: Seine innere Energie wollte er in äußere Farben übertragen. Die Bildentstehung lief kontrolliert ab. Innerhalb von wenigen Minuten hatte er auf der Leinwand mit kurzen streichenden Bewegungen einen Tanz mit den Füßen ausgeführt. Zuletzt trat er heraus aus der Bildfläche. Und seine Entscheidung war: Das Bild war gelungen.
aus Norbert Wartig „Ateliergespräche mit Hartwig Ebersbach 2005-2009“
LNW Verlag